1830 war Belgien - neben einer parlamentarischen Monarchie mit einer Verfassung - ein Einheitsstaat. Die Verfassungsänderungen in den Jahren 1970, 1980, 1988, 1993 und 2014 haben zur Gründung eines Föderalstaates beigetragen. Jede Gemeinschaft und jede Region hat ihr eigenes, direkt gewähltes Parlament und seine eigene Regierung: Sie machen ihre eigenen Gesetze (Dekrete) in Bezug auf bestimmte Bereiche und sorgen für deren Ausführung.
Zu den Befugnissen der Gemeinschaften gehören unter anderem das Unterrichtswesen, kulturelle Angelegenheiten und personenbezogene Angelegenheiten (zum Beispiel Krankenpflege).
Die Regionen sind für die sogenannten territorialen Bereiche zuständig, wie Wirtschaft, öffentliche Arbeiten, Transportwesen, Umwelt und Landwirtschaft.
Die Restbefugnisse fallen der föderalen Regierung zu, sie ist also zuständig für alle Befugnisse, die den Gemeinschaften und Regionen nicht ausdrücklich zugeteilt wurden. Später können diese den Gemeinschaften und Regionen übergeben werden. Zu diesem Zweck muss aber erst ein neuer Artikel der Verfassung die Befugnisse aufzählen, für die die föderale Regierung alleine zuständig ist.
Die Parlamente der Regionen und deutschsprachigen Gemeinschaften werden direkt gewählt.
Das Vlaams Parlement, das Parlement de la Communauté française, das Parlement wallon, und das Parlement de la Région de Bruxelles-Capitale bezeichnen dann 29, 10, 8, 2 Senatoren aus ihren Reihen. Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft bestimmt eines seiner Mitglieder zum Senator. Diese 50 Senatoren der Gemeinschaften erfüllen also ein doppeltes (dreifaches) Mandat. Diese Gemeinschaftssenatoren vertreten ihre Gemeinschaft im Senat. Der Senat wird somit zu einem Treffpunkt in der sich die föderale und die gemeinschaftliche, bzw. die regionale Ebene begegnen.
Durch die Direktwahl ihrer Mitglieder verfügen die Parlamenten der Regionen über eine eigene demokratische Berechtigung. Allerdings haben sie keine eigene Verfassung. Ihr Statut wird durch die föderale Verfassung und Gesetze mit besonderer Mehrheit (*) definiert. Das bedeutet also, dass das föderale Parlament über die Änderung der Strukturen der Gemeinschaften und Regionen bestimmt.
Dieser Unterschied im Vergleich zu vielen anderen Föderalstaaten, lässt sich durch die Geschichte Belgiens erklären. Hier haben sich die verschiedenen Körperschaften aus einem Zentralstaat heraus entwickelt. In den meisten anderen Ländern haben sich ehemals unabhängige Gebiete zusammengeschlossen.
Die Dekrete der Gemeinschaften und Regionen befinden sich auf dem gleichen juristischen Niveau wie die föderalen Gesetze, während es in den meisten Föderalstaaten eine Hierarchie der Gesetze gibt. In Belgien darf das föderale Parlament also niemals ein Dekret widerrufen. Ein Dekret oder auch ein föderales Gesetz darf vom Schiedshof für nichtig erklärt werden, wenn die Gemeinschaft, die Region oder der Föderalstaat ihre oder seine Kompetenzen überschreitet.
Das föderale Parlament und die Parlamente der Gemeinschaften und Regionen sind also wechselseitig autonom.
Um zu verhindern, dass diese wichtige Autonomie Anlass zu Konfliken gibt, sind bestimmte Regelungen getroffen worden:
* Gesetze mit besonderer Mehrheit = Abänderungen der Basisgesetzgebung, die die Struktur des Staates betreffen, benötigen die Mehrheit jeder Sprachgruppe, sowie die Zweidrittelmehrheit aller abgegebenen Stimmen.
** Verfassungsgerichtshof = urteilt unter anderem darüber, ob der Staat, die Gemeinschaften und die Regionen keine Entscheidungen treffen, in Bereichen für die sie nicht zuständig sind.
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